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Bei jedem Besuch in unserem Jachthafen sahen wir sie. Nicht nur
wir: jeder Hafenbesucher, jeder Gastlieger musste zwangsläufig
an ihr vorbei.
Ganz vorne, an den ersten Stegen war sie
angeleint. Naja, schön ist etwas anderes. "Schön ist aber auch
relativ“.
Zu jener Zeit wurde sie noch vermarktet. „Angeboten“. Jeder der
wollte, - der durfte mal. -
„Klar gegen Bezahlung“. Etwas
schrullig, ungepflegt dem Alter entsprechend, mit über 40 Jahre
im Gewebe und sicherlich Schwimmhäute am Rumpf wartete sie auf
Kundschaft.
Ihr Kuppler, ihr Peitscherlbua oder einfacher gesagt, ihr
Vercharterer hatte ihre Ebenmaße schön aufgehüpscht zusätzlich im
Glaskasten
gesetzt.
Ihre Eigenschaften wurden hier besonders hervorgehoben.
Man hätte sie auch online buchen können. – („ruf mich an“.) -
Natürlich durften wir auch mal.
Ihr muffeliges Inneres,
sowie
der noch zu hohe Preis ließen uns doch noch sehr oft an ihr vorbei
gehen.
"Hingeschaut haben wir aber immer."
Klar, dass ein Leben ohne Boot doof ist: "wurde von uns Beiden
gemeinsam getragen". Aber, - dieser Typ, die
Victoire mit 26 Fuß
würde reichen.
"Stehhöhe
ist gewährleistet!"
Schauen wir uns erst mal
weitere
Boote an.
Zu dem Zeitpunkt standen
fünf Victoire 26 zum Verkauf.
Eine
Maxi 77 in Wesel erinnerte uns auch ab und an mal über den
Tellerrand zu schauen.
Diese war Papageienmäßig so bunt und mit 4 Deutschland-Fähnchen
bestückt das wir auf den letzten Metern zum Schiff abdrehten.
„Ein Stegpavillon“.
Der Eigner würde sie auch später umsonst
hergeben, wenn er denn von uns auf Weltreise, Hand gegen Koje
mitgenommen werden würde. Der Typ hatte mehr als Gesundheitliche
Probleme. "Man lernt sie ja kennen, diese Brüder".
Da machten wir uns also auf dem Weg zu diesr Bootsbesichtigung, weil
er ja so schlecht zu Fuß sei, bittet er um Mitfahrgelegenheit
zum Boot. Na klar, liegt ja am Weg.
Strahlender Sonnenschein,
wir sind unterwegs, das Handy bimmelt; wir müssen die Besichtigung leider
verschieben, der Wetterbericht hat Regen angesagt und dann könne
er nicht mehr so. - Wetterfühlig sei er!
Wir bleiben also im Lande, suchen dort, wo auch Boote schwimmen,
eben in Holland oder besser noch, in Friesland.
Ein neuer Kontakt übers Internet war vielversprechend, ebenso
die schönen Fotos. Wir verabredeten uns mit dem Eigner. Es sind
eigentlich zwei Eigentümer, wie man uns später versicherte.
Logischerweise haben wir dann auch Verstärkung mitgebracht, also
unseren Eckhard eingespannt. Eckhard hat seinen Motor
marinisiert und selber eingebaut. So musste er heute als
Sachverständiger für die Motoren ran. Eckhard weiß viel.
Er weiß wie ein Diesel rund
läuft, er hört, ob er hustet, sich verschluckt oder undicht
pieselt.
Wenn ich den Kopf drehe, nagelt der Motor.- Mit dem
Wind, im Wind oder bei Gegenwind läuft er immer anders. Manchmal
auch gar nicht mehr.
Meine Hörgeräte kriegen dass noch nicht gerafft. „Bärbel könnte
Geschichten darüber erzählen", - "über die oft gestellte Frage: -
läuft unser Motor noch?“
Meine neuen superteuren Hörgeräte, die mein Sprachverständnis und
meine soziale Eingliederung wiederherstellen
sollen, haben eine Funktionstechnologie die bei mir immer
öfter an ihren Grenzen stößt. Daher war Eckhard eben
unverzichtbar. Die Bärbel sowieso.
Wir waren
unterwegs, mit
Eckhard im Schlepptau. "Die“ -
sieht
ja richtig gut aus, wie auf dem Foto, - war der erste Eindruck.
Selbst der Motor sprang sofort an und lief rund. Unter den
Bodenbrettern stand aber Wasser und an den Kielbolzen hatte der
Rost gefressen. Hier war ich der richtige Sachverständige und
traute mir zu, einzuschätzen ob dieses Boot mit dem schwammigen
Oberdeck auf dem Vorschiff, zur Dauerbaustelle geworden wäre.
Ne, ne, “wie schöne und
aussagefähige
Fotos täuschen können“! Eckhard sprach noch mit dem Motor, - “kannst ihm sagen dass ich den Kahn nicht will“, rief ich ihm zu,
vielleicht geht er dann von allein aus. -„Der Motor ist gut klang
es zurück“. Das Boot aber nicht, es ist weich und schwammig sagte ich zum
Abschluss.
Da werden wir wohl weiter suchen müssen. Viele Preise waren
extrem hochgepuscht
so dass sich eine
Besichtigung nicht lohnte. "Die Aussagen am Telefon und die
Beschreibungen, der zum Verkauf stehenden Boote lernten wir auch
sehr schnell zu deuten und einzuschätzen".
Es hatte sich herumgesprochen bei uns im Hafen. Der letzte Tipp
vom Hafenmeister war ausschlaggebend, die „Sechundzwanziger“, an
der wir immer vorbeigelaufen sind, - sich mal genauer anzusehen.
Der Motor sei mehr wert als das Schiff. Beim Preis werdet ihr
euch schon einig werden.
Ein Boot das überwiegend im Charterbetrieb unterwegs war,
war meine Logik, musste eine Menge Macken haben. Den Schlüssel
fürs Boot schleppte ich zwar schon seit drei Tagen
mit mir herum. Der Motor
startete immer sofort ohne Mucken und lief wie ein Uhrwerk. Und
er lief trocken. Wenn ihr eine Probefahrt machen wollt, es
spricht nichts dagegen. Schaut euch das Boot genau an.
Der Bursche, „dieser Stenz“ war schon sehr überzeugt, dass er
uns sein gutes Boot verkaufen wird. „Gut ist relativ“. Die
Substanz war aber für das Alter des Bootes noch sehr gut. Leider
war der Preis noch zu extrem. Ich turnte also 2 Tage auf dem
Boot herum und listete alle Macken auf die ich finden konnte.
Diese Alte unscheinbare Dame hatte übrigens einen Namen.
Corina, - und ich sollte nun verantwortlich werden? “für
die Zukunftsperspektive dieser, -ich sag mal Schönen“.
Also meine Liste sagt im Prinzip, lass die Finger davon. Nun,
Papier ist geduldig. Meine Liste wurde eine E-Mail, die doch
einen recht langen Anhang hatte. Ich habe das Boot nicht
schlecht gemacht oder kaputt geredet, wenn ich mal diese
Zeitblüten benutzen darf. Ich habe einfach nur aufgelistet was
gemacht werden muss damit wir noch einige Jahre Spaß an dem
Bötchen haben. Natürlich auch um den Preis zu drücken. Und was
das alles kostet?
Er könne ja eine 32ger Bavaria dazu geben, - wenn wir die Corina
übernehmen sollen. Man wird zu Schlitzohr - als Käufer aber auch
als Verkäufer. - Wenn ihr, - ja wenn ihr mal ein neues Segel
braucht, - „Er“ hat Beziehungen. - Bo ey.
Er hat alles: - als
der Verkauf abgeschlossen war, - aber wirklich alles aus dem Boot
ausgeräumt. Mit dem Besteck und den dazugehörigen Tellern werden
demnächst seine Bavarias ausgestattet.
Tröstlich zu hören von meiner Kapitante!
- „Die Klüngel hätten
wir sowieso entsorgt“. - Ich
bin der Meinung: - es war trotzdem ein gutes Geschäft. Ab sofort
war ich Verantwortlich für zwei Mädels.
Die eine lässt nicht zu,
dass ich merke
wer die
Hosen an hat und die andere, die Corina ist taub und stumm,
macht aber alles was ich will.
„Das wird mein Hobby und ich
darf wieder basteln". Wir hatten jetzt eine Neue, die aber noch
im Wasser lag.
War das alles richtig? - Weißt du eigentlich, - wie die untenrum
aussieht? - Die Nächte, - ich saß senkrecht im Bett,- in Schweiß
gebadet, - "Alpträume"
- hat die
Osmose? - Ich hatte noch nie einen Diesel!
- Was ist das für ein
Motor? -
Kann ich den
alleine warten? - Die vielen Schrauben! - In meinem Alter!
Gibt ja Internet, leg dich mal wieder hin.
– Ja klar! –
dann der nächste Schub:,
- wie haben die den Ölstand kontrolliert? - Da kann doch keiner
dran! -
Wo sind die
Opferanoden?
Ich Opfer dich gleich, - wenn du mich nicht schlafen
lässt, - ertönte es aus dem Nachbarbett.
Das Schöne
in
meinem Fall: - ich bekam es nicht mit, - „die Hörgeräte“ - !
Nachts? - Ne, geht nix. Am nächsten Morgen dann die Frage von
Bärbel, - „hast aber sehr unruhig geschlafen, geträumt und geschwitzt?
Schweiß war auch mit im Spiel und zwar reichlich. - Als sie aus
dem Wasser gehoben wurde, Mir standen mir die besagten „Perlen“ auf
der Stirn.
Ich sehe sie gleich nackig.
Der Johan mit seinem Kärcher hat versucht, jeden Pickel, jede
Krampfader,
jeden Besenreiter und selbst die Orangenhaut mit seinem
gespritze offen zu legen.
Sie war ein sauberes Mädchen. Ich atmete ganz tief und ruhig
durch. Erst jetzt habe ich sie richtig in ins Herz geschlossen.
Dem Winter über stand sie beim Johann im Industriegebiet hinten
auf dem Bock. Was hast du dir angetan? „das wird sicher
Zeitaufwändig, wer wird hier therapiert? - Das Boot oder
ich? - Muss ich das noch haben? - Meine mir Angetraute nickte
bejahend. Du brauchst noch eine Aufgabe. Neue Ziele. Willst du
hier faul rumsitzen und
dich
hängen lassen? „Dann geh zum Friedhof, setz dich auf eine Bank
und warte biste dran bist“.
Ich will nicht warten. Ich gehe ran,- rauf auf die Corina. Im
Frühjahr ließ sie sich herausputzen. Erst mal Körperpeeling für
eine glatte schöne Haut.
Das
wirkt vitalisierend und regenerierend.
Hochwertige Kosmetik
made
bei
Action und Epifanes.
Da kommt der Kerl wieder mit seinen kalten Fingern, wird
sie wohl oft gedacht haben.
Und es fängt gut an. Wenn dein Boot Jupp, Anton,
Seppl oder Jumbo heißen würde, also einen männlichen Namen
tragen würde, wäre vieles einfacher. Bei Mädels, - "da musste schon richtig
ran", - nicht so oberflächlich, da muss mehr Gefühl mit ins Spiel
gebracht werden.-
„Sogenannte Emotionen oder so ähnlich“.
Einen richtig feinen Schmuckstreifen in dunkelrot legten wir ihr
an. Unterhalb des Süllrandes.
Der mach sie
schlanker und ihre Proportionen wirken gefälliger.
Die
Corina - wurde entschieden, behält ihren Namen. Auf beiden
Seiten am Vorschiff steht er jetzt. Aus der schrulligen
„Unscheinbaren“ ist eine sehenswerte Braut geworden.
Mit Antifouling unten rum aufgetragen, sieht sie richtig
schnuckelig aus. Zur Krönung drehten wir die ausdruckslose
Persenning die das Segel auf dem Baum schützen soll, einfach um,
nähten einen Reißverschluss in das Tuch und fertig war das
Großsegel- Bergesystem „Lazy Bag“.
Am 29 März lag unsere Neue wieder im Wasser. Es ist sicherlich
noch einiges zu tun auf der Corina. Die Liste mit
Verbesserungsvorschlägen wird zusehends länger. In erster Linie
wollen wir aber segeln und reisen. Das erste Probesegeln am 9.
April war super und so vielversprechend das neue Ziele
abgesteckt wurden. Mit dem Boot in diese Größenordnung wird
unser Radius zwangsläufig größer werden.
Die
Einweihungsfeier unserer Neuen
übernamen drei Mädels: Katja, Angelika und Bärbel. Statt meiner
Person hatten sie einen Fürsten dabei. Mit
diesem Flaschengeist Metternich und
viel Spaß
hätten
die 4 unsere Ziele und Träume
fast
auf Grund gesetzt.
In
bester Laune hatte eine dieser "Schnuckeligen", nach dem Toilettengang vergessen das
Seeventil zu schließen. Plötzlich hatte Katja nasse Füße, das
Wasser lief aus der Toilette ins Boot hinein. Also Strom aus,
alles an die Eimer, Pütz und Tücher zum Wasser ausschöpfen.
Mit viel lachen und Humor haben sie die Corina wieder trocken
gelegt.
Ich muss ganz doof ausgeschaut haben, als Angelika mir, der nur
mal nach dem "Rechten" sehen wollte, sagte: wir haben geputzt
und aufgeräumt, "so sauber war dein Schiff noch nie".
- Bärbel wird mit Sicherheit nie mehr vergessen die Seeventile zu
schließen. Ich aber auch nicht.
Bevor die ersten Ausfahrten anstanden habe ich beschlossen, die
Wartung des Nanni Diesel
zu delegieren. Ich hatte Spaß beim zusehen wie der Junge
Schrauber zu werke ging. Der Kostenfaktor lag weit unter dem,
von mir eingeschätzten. Man muss nicht immer alles selber
machen. Für alle Fälle ist aber entsprechender Ersatz an Bord.
Die Ausfahrten und Törns bis zum
heutigen Zeitpunkt können sich sehen lassen. Das
Boot, hat in unserem ersten Jahr
2 mal Harlingen, Texel, Makkum, Sneek, und mehrmals
Stavoren gesehen. Fliegen,
Mücken und Flaute auf dem IJsselmeer kennen gelernt, viel Wind und in den Böen
auch schon den einen oder anderen "Sechser" erlebt.
Bereut haben wir diese Vergrößerung von 22 auf 26 Fuß nicht. Der
Umstieg ist gelungen.
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