Auf nach
Enkhuizen.Enkhuizen, lohnt sich, dort müsst ihr mal hin, schönes
Städtchen, tolle Gastronomie.
Kurs immer 240 Grad, brauchst
keinen
Kompass. So oder ähnlich
machte Bruderherz Hans-Bruno uns den nächsten Törn schmackhaft.
Er
zeigte dabei auf seine schon des öfteren gefahrene Kurslinie in
seiner alten Ijsselmeer-Seekarte. Oben am Rand stand noch das
aktuelle Jahresdatum von 1999.
Da kannst du blind rüberfahren,
irgendwann siehst du die Kirche von Enkhuizen und dann ist es nicht
mehr weit. Er, der seit mehr als 20 Jahren übers Ijsselmeer
kreiselt, versorgt uns oft mit entsprechenden Informationen
zuzüglich der aktuellen Bierpreise in den verschiedenen Häfen.
Enkhuizen stand schon letzte Woche auf unseren
Töernplan. Wie hatten verabredet uns dort mit Horst und Ilse zu
treffen. Wenn der Wind voll auf die Lemmerbucht dröhnt, fährt unsere
Stella aber nicht nach Enkhuizen. So war es leider noch Heute. Verschoben ist nicht aufgehoben. So
wurde nun dieser Törn Samstag verschoben. Horst und Ilse lagen zu
Zeit in Stavoren mit Besuch an Bord.
Superbedingungen
sagte „mein Wetterbericht“ ein leckerer 4er, "der für Bärbel immer um 1
Beaufort reduziert wird", stand an. Heute hin und schon Morgen wieder
zurück. Müsste auch klappen mit dem Wetter. Später geht nicht.
Obwohl Enkhuizen einige Tage Aufenthalt verdient hätte, sollte der
Wind ab Dienstag wieder zu nehmen und auf Nord drehen.
Nachdem wir die Prinzess Margrietsluis wie schon so oft gut
gemeistert hatten setzten wir Vollzeug. Unsere
Stella rausche wie ein freigelassener Hund durch die Wellen.
Das Schiff hat eine Seele. Ähnlich benahm sich der Skipper, nicht
gerade Schwanzwedelnd aber mit breitem Grinsen über beide Backen genoss er diesen Momen
Der Blick zum GPS erfasste die angezeigten 5 Knoten wohlwollend. Die
nicht gänzlich ausgesprochene Ansage von Bärbel; - "ist doch mehr
Wind" erstickte er durch einen Schmatzer auf ihren Mund. Willst du
quatschen oder segeln?
Mäuschen, mach mal einen Kaffee klar und `n
Schnittchen, unser Schiffchen läuft so schön… fast von allein.
Langsam hatte auch Bärbel Spass an der Sache, zumal die Krängung in
den von ihr zugelassenen Bereich lag. Dass sie ihren Alten doch
nicht ganz traute, erkannte ich, als sie mit übergeworfener
Schwimmweste zurück in die Pflicht kam. Die Victoire krängt leicht, läuft dann aber sehr stabil, das
habe ich auf meinen vielen Alleintouren herausgefunden.
Setz deinen Hintern mal zu mir auf meiner
Steuerbordseite. Meinen Drachen habe ich früher auch so durch
Gewichtsverlagerung gesteuert.
Ob man mit der Victoire eskimotieren kann, rutschte mir als
nächster blöder Spruch raus. "Fahr mal wieder gerade" - und die Schwimmweste
schützt auch gut gegen den Wind!
Mit dem Fernglas schaute sie
hinüber zu den in der Ferne segelnden
Schiffen und suchte nach Tönnchen. Ich hab vertrauen zu dir
und der Stella.
"Na Endlich". Skipper brauchen das.
Es war ein wunderbar sonniger Tag und wir
hatten beide unseren Spaß. Wenn ich mal durchs Glas schauen wollte
übernahm Bärbel wie selbstverständlich die Pinne. Sie wird heute
wieder einen neuen Hafenmeister kennenlernen. Die von meinem Bruder
versprochene Kirche war schon seit einiger Zeit zu sehen. Von Lemmer
nichts mehr. Doch es zieht sich. Ist es richtig, "dachte ich laut"
Enkhuizen anzulaufen oder sollen wir doch lieber jetzt noch den
Schlag nach Stavoren durchziehen. Der Flieger in mir sagte, " morgen
ist Mistwetter, - aber es wird schon gehen"…
"Ich möchte heute in Enkhuizen
einen Cappuccino trinken sprach mein Weib und wir sind ja auch
gleich da".
Es ist immer wieder schön sein gestecktes Ziel
zu erreichen, so freuten wir uns als wir im Buyshafen unsere Stella
festmachten. Etwas über vier Stunden waren wir unterwegs.
Hans-Bruno hatte uns zu diesem Hafen geraten und wir wurden nicht
enttäuscht. Die Sanitäranlagen waren vom feinsten und die Duschen
kosteten keinen Cent zusätzlich.
Vor allen
Dingen passte hier die Steghöhe. Der Hafenmeister ist auch ein
netter Kerl sagte Bärbel gut gelaunt nach unserer Anmeldung; oder war es nur der moderate Preis für den
Liegeplatz der ihre Freude ausdrückte.
Auf zum Landgang "Enkhuizen
entdecken". Das unweit liegende Zuiderzeemuseum hatten wir
schon im letzten Jahr per Auto-Anreise erkundet. Heute sollte es nur
der Kern des Zentrums und die Hafenanlagen sein. Der späte
Nachmittag war dazu ausreichend.
Da wo wir heute vorbei eilten,
werden wir uns, "wenn wir wiederkommen", mehr Zeit lassen. So
bummelten wir langsam durch die Strassen. Die meisten Geschäfte
hatten schon geschlossen. Nach den obligatorischen Cappuccino und `n
Grolsch machten wir uns
auf dem Heimweg. Die Pin für den Eingang zum Hafengelände auswendig
gelernt aber wohlweislich noch irgendwo in den Taschen vergraben,
verschaffte uns wieder Zugang zu unserem Schiffchen. Lecker
Abendessen, dann n` Grappa und Grolsch, brachte die nötige
Bettschwere.
Der nächste Morgen, sah übel aus. Es rausche
extrem in den Blättern der umstehenden Bäume. Sollte der Wind so
brutal aufgefrischt haben?
Im Hafen, selbst sehr geschützt bei
Nordlagen, konnten wir nicht erahnen was Draußen los war. Selbst die Anfrage
beim Hafenmeister und auch die Wetterberichte per web´n´walk,
sprachen höchsten von einen fünfer. Das glaubte ich auch noch oder
erst recht, weil sich doch einige Boote auf dem Weg zum Ijsselmeer
machten. Vorsorglich hatte ich noch am Abend vorher ein Reff
eingebunden.
Als die vor uns schippernden Boote kurz nach
dem setzen der Segel extrem Lage hatten, glaubte ich immer noch dass
wir und die Stella das packen könnten.
Das Ijsselmeer mit einen brüllenden sechser
schlug gnadenlos zu. Das mach ich nicht mit, ich will nach Hause,
sprach oder schrie mein Mäuschen. Bärbel verkroch sich ängstlich in den
Kojenbereich und wollte nichts mehr hören und sehen. Die Stella
tanzte in diesen Hackwellen so extrem, das ich beschloss, " zurück in
den Hafen, das wird zuviel". Sicherlich wäre für Bärbel das
Segeln aus und vorbei gewesen. Erst im ruhigen Wasser nachdem ich
sagte, "wir haben gewendet" kam sie wieder hoch zu mir.
"Das wolltest du
mir doch nicht antun" und sie gab mir ein Küsschen. Das Ijsselmeer hat
uns Grenzen gesetzt die wir einhalten werden.
Später im Segel Forum veröffentlichte ich diese
Kurzerfahrung.
Doof gelaufen. Bullenreiten.
Auf dem Wasser ist alles anders. Als ehemaliger Flieger habe ich Navigation, Aerodynamik und
Meteorologie mit dem Löffel gefressen. Mein Wetterbericht stimmt
eigentlich relativ oft.“ Manchmal“. Im April habe ich mein
Schiffchen „ Victoire 22“ günstig kaufen können und habe mit dem
segeln angefangen. Zaghaft und weniger Zaghaft habe ich einige
friesische Meere befahren. Mein Revier war überwiegend die
Lemmerbucht und das Groote Brekken. Zigmal geschleust und in
verschiedenen Häfen festgemacht. Ein herrlicher Törn übers
Ijsselmeer nach Stavoren und weiter nach Makkum, Binnen wieder
zurück nach Lemmer war eine tolle Erfahrung. Segeln ist geil. Bei
moderatem Wind. Ich sag mal 3 bis 4 Beaufort. 4 Windstärken Nord
waren es auch am Samstag. Wir wollten unbedingt von Lemmer nach
Enkhuizen und am Sonntag wieder zurück.
Mit raumen Wind hatte die
Überfahrt selbst für meine Frau einen hohen Spaßfaktor. Der
verging allerdings am Sonntag, als der kleine Held sein Schiffchen
aufs Ijsselmeer mit Kurs nach Lemmer stellte. Bullenreiten auf 6,60
Meter beim sechser aus Nord. Ich hatte ernsthaft geglaubt, hoch am
Wind mit der Victoire nach Lemmer zu kommen.
Das Ijsselmeer erteilte
mir eine „halbe“ Lehrstunde. Wir haben gewendet und sind wieder in
den sicheren Hafen gefahren. Dort liegt das Boot bis zum Freitag.
Dann will ich beim dreier aus Ost nach Stavoren und über die Dörfer
nach Lemmer.Was will ich damit sagen? Kürzer treten, dazu
lernen und mich entschuldigen bei ALLEN, bei denen ich behauptet
hatte, das der „Ententeich“ Ijsselmeer ein harmloser Tümpel sei.
Überwiegend zustimmende Antworten zu dieser Veröffentlichung
und zum Abbruch der
Rückfahrt bestärkten uns, doch umsichtig gehandelt zu haben.
Hier ein Paar Auszüge:
"Ich war auch unterwegs. Kreuzkurs von Stavoren nach Workum.
2 Reffs im Groß und Fock. Die musste ich aber auch noch verkleinern. Irgendwann als die Regenböen kamen habe ich dann den großen
Handwindmesser mal in den Wind gehalten. Er zeigte immer gute 6 und
auch mal Mitte 7 an. Das könnte gestimmt haben. War schon ein
spassiger Ritt. Aber 5 sind mir auch lieber... sagte Smaugi".
"Wir sind an dem Sonntag von Enkhuizen aus gekreuzt, erst einen
Schlag Richtung Urk und dann nach Medemblik. Nördlich des
Enkhuizerzandes hatte sich eine mustergültig fiese Ijsselmeerwelle
aufgebaut, Wind wie bei Smaugi. Wäre für kleine Boote bestimmt nicht
lustig gewesen".
"Ab Bft 5 macht es auf dem Ijsselmeer mit 22 Fuss keinen Spass
mehr. Ist auch meine Erfahrung. Man selbst mag es vielleicht noch
können, aber irgendwie leidet auch das Material. Für meine Etap 22
ist 5 das Maximum wo ich rausgehe. Habe mal nachts Bft 7 erwischt.
War nicht schön mehr und ich war froh das ich unter Landabdeckung
kam".Gruss Martin
"Waren das am Sonntag echt 6? Ich hab da nämlich auch n ganz
schönen Affentanz aufgeführt. Mein Schiff hat kein Windmesser und
laut Wetterbericht sollten es nur 4 mit Windstössen 5 sein. Kam mir
dann aber draussen doch n bisschen heftiger vor. Dicke Wellen und
reichlich Wind aus Nord wie du schon gesagt hast. Auf dem Raumwind
Ritt von Hoorn zurück nach Monnickendam hab ich dann auch ne
Bavaria gesehen die ihr zerrissenes Rollgross um den Mast gewickelt
hatte...."
Für uns also wieder zurück zum Hafen, den Hafenmeister anfragen, ob den
unsere Stella ein, zwei Tage, evtl. auch mehr, hier in Enkhuizen
bleiben könne. Kein Problehm, ist wie immer nur eine Frage
des Preises.
Diese Sorge also waren wir los. Nächste Frage, "wie kommen wir
nach Lemmer zurück". Denn bis zur Wetterbesserung wird es mit
Sicherheit Freitag oder Samstag werden. Rufen wir deinen Bruder an
sagte Bärbel. Hans-Bruno der noch im Gemeindehafen in Lemmer lag,
sagte sofort zu. Keine Zwei Stunden später saßen wir in seinem Auto. Bei diesem Wind wäre er auch nicht raus-gefahren, bestätigte er
unseren Entschluss, "war schon richtig so, muss man sich nicht antun".
Später in Lemmer bestätigte auch Horst, der von Stavoren nach
Makkum wollte, seinen Rückzug nach Elahuizen. Das Fluessener Meer
war auch nicht ohne.
Hier wäre der Bericht eigentlich zu ende. Ich wusste vor Freitag,
werde ich die Stella nicht nach Lemmer bringen
können. Der Nordwind blies beständig.
Während ich über den Deich spazierte, - „das Ijsselmeer wirkte
wie ausgestorben, nur die Berufsschiffer waren unterwegs“ malte ich
mit einem Stöckchen Hoch und Tiefdruckgebiete in den
Sand und wusste, Freitag dreht mein Wind auf Ost und flaut
ab.
Horst hast du Lust mit der Stella nach Stavoren, kannst dich
schon mal für Freitag drauf einstellen. Anschließen bis zu dir im
Hafen nach Elahuizen. Er sagte sofort zu.
Die ganze Woche über lief ich mit eingezogenem Schwänzchen herum.
Irgendetwas fehlte, Um wieder Ausgleich zu erlangen, schlich ich in
unseren Hafen. Unsere Box war leer und blieb leer. Nicht einmal ein
Gastlieger verirrte sich hierher. Es tat schon weh, ein Skipper ohne
sein Schiffchen. Hab am Abend etwas über Depressionen gelesen und
weis bescheid.
Pünktlich wie die Maurer. Die Sonne schien, der Wind wehte aus
Ost, es war Freitag. Sehr früh schon holten wir unseren Horst aus
Elahuizen ab. Auf nach Enkhuizen. Catharina war mit von der Partie,
damit Bärbel die Rückfahrt nicht allein antreten musste. Frauen
brauchen das.
Schiff aufklaren, Reff raus, Jockel an. Mädchen, heute musst du
zeigen was du kannst. Du darfst dich auch auf die Seite legen und
vergiss nicht zu Atmen. Du hast ja `ne Seele.
In zweieinhalb Stunden trug uns die Stella nach Stavoren. Die
läuft ja von allein sagte Horst, kaum Druck am Ruder. Wir wechselten
uns beim steuern ab. Die riecht ihren Stall sagte ich, während
Steuerbord der einzige auf dem Ijsselmeer fahrende Viermaster,
allerdings ohne Segel an uns vorbei rauschte.
Unser Kurs passte, bis in den Vorhafen von Stavoren standen die
Segel. Und weil alles so gut lief, machte auch der Schleusenwärter
sein Törchen auf. Wir waren wieder Binnen. An der Insel erst Pippi
machen und dann Kaffee mit Frikadellen und Brote. Das Päuschen war
verdient.
Die weiterfahrt nach Elahuizen verging wie im Fluge. Gegen
14 Uhr legten wir die Stella im Koogeplaet wieder an die Leine.
Erstmal ein Bierchen. Du bleibst doch bis morgen fragte Ilse. Ich
schüttelte den Kopf und verspürte gleichzeitig ein leichtes
fiebrieren unter meinen Füssen. Kann auch nur Einbildung gewesen
sein. Der Jockel sprang fast von allein an. Wir wollten nach Hause.
Tschüß wir sehen uns. Übers Fluessener und Heeger-Meer ging es nach
Woudsend. Wouds-end
ausgesprochen verbesserte Catharina mich öfters. Man lernt immer
noch dazu. Kurze Zwangspause an der Pastorentreppe und `ne Kippe.
Das Rauchen habe ich diesmal bewusst verschwiegen.
Dann ins Sloter Meer. Ich war früh dran, also kreuzte ich unter
Segel nach Sloten. Bei unserem Tiefgang ohne Probleme
- bis zum Kanal. Immer wenn der Brückenwart in Sloten mich sieht,
stellt er seine Ampel auf grün. Der Deutsche Skipper vor mir vergaß
zu bezahlen und musste unter Gebrüll von oben sofort anlegen. Sie
stand doch vorn am Bug, hat Sie den Holschuh nicht gesehen? Laut
krachte er mit seinem Boot an den Anleger und als er meinen fragenden Blick sah,
brüllte auch er, „WEIBER“. Meine nicht! schmunzelte ich und machte
dass ich weiterkam.
Ich war nun wieder ganz allein unterwegs.
Hoffentlich reicht die Zeit um die letzte Brücke noch zu passieren. 2 Minuten
vor 19 Uhr sagte mir der Brückenwart am Brekkenpolder von oben, das er nun Heim geht.
Ich war zu Hause. Mit vier Knoten tuckerten wir unserer Box
entgegen. Stella anleinen , Pippi machen und dann 2 Grappa. Einen
fürs Schiffchen und einen für mich oder doch zwei für mich.
Segelschiffe haben eine Seele.
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